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A Strong Female Voice From Iran - Eine kleine Begegnung inmitten des hektischen Berlinalealltags

Als ich die Berlinale Lounge für mein Interview mit Massoud Bakhshi, dem Regisseur von „Yalda, la nuit du pardon“, betrete, werde ich herzlich von der PR-Vertreterin Marie-France in Empfang genommen. Sie fragt mich, ob ich Lust hätte, anschließend noch mit einer der Schauspielerinnen des Films zu sprechen. Da ich mich sehr dafür interessiere, wie die Schauspielerinnen diesen im Iran stark kritisierten Film wahrnehmen und ob sie dafür Risiken auf sich nehmen mussten, freue ich mich sehr über dieses Angebot.
Nach dem Roundtable Interview mit dem Regisseur werde ich also von Marie-France zu der Schauspielerin geleitet. Schon während ich Platz nehme, frage ich mich, wer genau sie eigentlich ist. Sie hat recht kurze braune Haare, trägt roten Lippenstift, ihr Lidstrich glitzert silbern und sie trägt eine stylische Mütze. Sie kommt mir gänzlich unbekannt vor. Ich kann mir auch nicht vorstellen, welche der weiblichen Charaktere sie dargestellt haben soll.
Das bedeutet dann wohl: Improvisieren.
Also beginne ich mit der ersten Frage bezüglich etwaiger Risiken, die sie auf sich nehmen musste, um an diesem Film mitzuwirken. Für sie war dies scheinbar so weit hergeholt, dass sie kurzzeitig etwas verwirrt war, was wiederum mich in Verlegenheit stürzte, da ich mich fragte, ob ich mich sprichwörtlich im falschen Film befand. Das konnte zum Glück recht bald aufgelöst werden und endlich hatte ich Klarheit: Es handelte sich bei ihr um Fereshteh Hosseini. Sie stellt die Adoptionsmutter im Film dar. Sobald das einmal klar war, entwickelte sich noch ein spannendes Gespräch.

Wie sich herausstellte, gehört die mittlerweile 22-Jährige im Iran zu einer Gruppe von aufstrebenden jungen Schauspielerinnen, die etwas neuen Wind in die Szene bringen. Sie steht vor allem für Emanzipation und gibt vielen, insbesondere jungen Frauen, neue Hoffnung. Selbst wurde sie in Afghanistan geboren und hatte dadurch anfangs gegen viele Vorurteile zu kämpfen. Doch schaffte sie es, sich durchzusetzen und lebt seither die Botschaft, dass alles möglich ist, solange man nur an sich selbst glaubt und sich keine Grenzen setzt. Sie nahm über zehn Jahre Schauspielunterricht und an zahlreichen Schauspielen und Musicals teil, bis sie 2016 für ihre Rolle in „Parting“ von Navid Mahmoudi mit dem Preis als beste Darstellerin ausgezeichnet wurde. Eine der Betreuerinnen des Filmteams, die während des Gesprächs neben uns sitzt, klärt mich auf, dass Fereshteh im Iran sehr berühmt sei.
Die junge Schauspielerin meint, sie selber hätte keine Konsequenzen durch ihr Mitwirken an diesem Film zu befürchten gehabt, war er doch zuvor von der iranischen Filmindustrie abgesegnet worden. Dennoch weist sie darauf hin, dass der Film nicht im Iran gedreht wurde, sondern außerhalb. Wir sprechen über ihre kritische Sichtweise der Todesstrafe im Iran und touchieren auch andere Themen, von denen sie hofft, dass sie sich ändern.

Während ich mich anschließend wieder auf den Weg mache, muss ich mir schmunzelnd an den Kopf fassen ob dieser Verwirrung zu Beginn des Gesprächs. Doch bin ich auch froh, mich mit ihr unterhalten zu haben. Diese Begegnung reiht sich so wunderbar in die diesjährige Berlinale Generation ein, die stark im Zeichen des Feminismus steht. Einmal mehr macht es mich stolz auf die vielen jungen Frauen, die sich auf der ganzen Welt erheben und für sich einstehen, unabhängig von ihrer Herkunft. Zwar mögen manche eine einfachere Ausgangssituation haben, da bereits viele Mechanismen in Bewegung gesetzt wurden. Aber es ist schließlich doch ein Kampf, der global geführt wird. Natürlich sind wir lange nicht am Ziel, aber diese Begegnungen stimmen mich hoffnungsfroh. Am nächsten Tag sollte mein feministisches Herz durch „Meu Nome é Bagdá“ einmal mehr zum Erbeben gebracht werden.

Samstag, 14. März 2020, Sarah Gosten

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