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Geballte Frauenpower

Der Applaus spricht Bände. Meu Nome é Bagdá hat überzeugt. Und das nicht nur das weibliche Publikum.

Der Film begleitet eine starke junge Protagonistin aus São Paulo. Bagdá. Sie fährt Skateboard, trägt Hosen und weite T-Shirts, stammt aus einer emanzipierten Familie voller inspirierender Frauenfiguren und weiß genau, was sie will. Kurz gefasst: Sie ist einfach cool.
Täglich wird sie mit den Einstellungen der Gesellschaft konfrontiert, die längst nicht so weit ist wie sie. Auch queere Freunde der Familie werden ständig öffentlich schikaniert. In ihrer überwiegend männlichen Freundesgruppe von Skatern, die sich als recht offen betrachten, kommen ebenfalls unterschwellig frauenherabsetzende Einstellungen durch.

Meu Nome é Bagdá zeigt auch die kleinen Dinge auf, in denen Frauenfeindlichkeit sich abbilden kann. Dass Jungs, die noch so wohlwollend scheinen wollen, unbewusst die Stereotypen fördern oder zumindest nicht dagegen arbeiten, wenn sie weiterhin mit Leuten befreundet sind, die abwertende Witze oder unbewusste Sprüche über Mädchen machen. Dass das Hinwegsetzen über ein „No“, wenn es ums Küssen geht, auch wenn anschließend nichts Schlimmeres passiert, absolut inakzeptabel ist. Dass der Schritt davon zur wirklichen Vergewaltigung nur einen Lidschlag entfernt ist. Dass sich auch scheinbare Kleinigkeiten, wie beispielsweise die Art und Weise wie Zeitschriften konzipiert sind, darauf auswirken, wie Frauen in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Dass es immer nur darum geht, wie frau dem Mann gefällt.


Meu Nome é Bagdá schafft es auf unglaublich natürliche Weise, die vielfältigen wundervollen Facetten und Interessen von Frauen darzustellen. So ist es völlig selbstverständlich, dass die kleine Schwester Bia eine enorme Begeisterung für den Mars hegt und unglaublich viel Wissen darüber vorweisen kann. Auch die Mädchen, die skaten, entsprechen nicht dem zwangsläufigen Stereotyp von Skater-Girls, sondern zeigen, wie unterschiedlich sie sind. Dass frau auch feminin sein kann und trotzdem skatet.
Diese Vielfältigkeit bildet sich auch in der Musik ab. Lebhaft, pulsierend und energiegeladen untermalt sie das Szenenbild. Es ist ein bunter Mix durch die Genres, doch sie alle vereint der Spirit, den die Mädels zusammen verkörpern. Die Musik inspiriert und löst in mir eine Begeisterung und Stolz auf die starken Mädchen aus, die im Film porträtiert werden.
Gleichzeitig bindet die Regisseurin, Caru Alves de Souza, auch künstlerische Aspekte ein. Kleine Ausschnitte, in denen Personen direkt die Kamera ansprechen, stellen eine angenehme Ergänzung dar.

Wieder einmal wird mir bewusst, wie schön es ist, wenn Filme nicht vorhersehbar sind und dem gebräuchlichen Spannungsbogen folgen, sondern wenn stattdessen jede Szene eine Bereicherung darstellt. Wenn sich Zeit genommen wird, etwas zu explorieren und künstlerische Aspekte aufzugreifen.

Bestärkend und inspirierend trifft Meu Nome é Bagdá den Puls der Zeit. Der Film zeigt gesellschaftliche Probleme im Frauenbild auf, stellt aber gleichzeitig auch die Lösung in der gegenseitigen Unterstützung und Erstarkung von Frauen dar. Doch auch Jungs müssen Teil dieser Bewegung sein.
Caru Alves de Souza schafft es mit ihrem Film unaufdringlich die Vielfältigkeit von Frauen darzustellen und somit alle Seiten anzusprechen. Genau solche Filme brauchen wir!

Weitere Vorstellungen:
Do. 27.02. 20:00 Uhr Cubix 8
Sa. 29.02. 15:30 Uhr Zoo Palast 1

Bildcredits: © Luh Barreto
Mittwoch, 26.02.2020, Sarah Gosten

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