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Ein Stimmungsbild aus Spanien

Las Niñas ist ein schöner feministischer Film im KPlus Programm, der im Spanien der 1990er Jahre an einer katholischen Mädchenschule spielt. Er verfolgt die Protagonistin Celia in ihrer ersten Rebellion, in der sie sich gegen die katholische Erziehung auflehnt und diese hinterfragt. (Hier geht's zur Kritik)
Am Sonntag durfte ich nach der Premiere von Las Niñas im Berlinalepalast mit den Darstellerinnen sprechen. Mich hat besonders interessiert, wie die Mädels aus dem heutigen Spanien zu den im Film angesprochenen Themen stehen. Sie waren sehr gewissenhaft in ihrer Beantwortung und haben sich immer schön gemeldet. Diese Berlinale stimmt mich echt hoffnungsfroh, da ich überall so tolle junge Mädels präsentiert sehe. *


fGR: Wie war die Premiere denn?
Mädels: Echt toll! Wir haben das Gefühl, dass der Film dem Publikum gefallen hat und glücklicherweise waren die Fragen im anschließenden Publikumsgespräch auch nicht so schwer. Davor hatten wir ein wenig Sorge.

In Las Niñas spielt das Thema Religion eine wichtige Rolle. Was ist eure persönliche Meinung dazu?
Ich glaube, da ist etwas, aber ich weiß nicht, was es ist. Nur dass es da irgendetwas gibt, das weiß, wohin das Leben führt. Ich glaube aber nicht, dass es sich dabei um einen Gott handelt.
Es sollte niemanden außer dir selbst geben, der/die dir sagt, was du tun sollst. Deswegen mag ich Religion nicht so sehr.

Der Film spielt in den 90er Jahren. Nachdem ihr an dem Film mitgewirkt habt: Was, denkt ihr, sind gravierende Unterschiede zu damals?
Das Internet! Und die Schulen sind total anders. Es war echt eigenartig, dass an der Schule im Film nur Mädchen waren. Außerdem wird heutzutage anders unterrichtet. Die Musik hat sich auch verändert, aber die Musik von damals war auch cool!

War es wegen dieser Unterschiede vielleicht schwierig sich in eure Charaktere hineinzuversetzen?
Nein. Wir hatten einen Monat lang Proben und einen extra Coach nur dafür. Also hatten wir viel Zeit, uns in unsere Charaktere hineinzuversetzen. Wir haben viele Spiele gespielt und uns so unsere Rollen angeeignet. Außerdem war natürlich das Ziel, dass wir uns alle besser kennenlernen, damit wir es im Film schaffen, herüberzubringen, dass wir alle befreundet sind.
Andrea (Celia): Ich hatte noch einen Extratag mit Pilar (der Regisseurin), an dem sie mir alles erklärt hat, was ich über meinen Charakter wissen musste.

Glaubt ihr es hat einen Unterschied gemacht, dass ihr alle Mädels seid?
Ich glaube nicht, dass es einen Unterschied macht. Es hat vielleicht ein bisschen geholfen, aber das wichtigste war, dass wir eine gute Verbindung zueinander hatten. Unser Coach war auch männlich und ist ein guter Freund von uns geworden. Außerdem hat es für ihn in der Art, wie er uns unterrichtet hat, auch keinen Unterschied gemacht, dass wir Mädels waren.
Der Film handelt von der Geschichte von Frauen und in dem Film bilden wir eine Schwesternschaft. Aber wenn Jungs dabei gewesen wären, hätte das auch keinen Unterschied gemacht, weil wir auch so eine gute Verbindung zueinander aufgebaut hätten.

Was an der Geschichte im Film hat euch am meisten gestört?
Dass die kleinen Mädchen so gemein zueinander waren und sich gegenseitig so beleidigt haben. Das war nicht schön anzusehen.
Außerdem hat uns gestört, dass es zu der Zeit eine große Voreingenommenheit gegenüber Frauen gab, z.B. die Inakzeptanz dass Celias Mutter alleinerziehend war.

Ist das besser heutzutage?
Ja! Also es muss sich natürlich noch eine Menge tun, aber wir haben schon einen großen Schritt seitdem gemacht.

War es denn für euch alle das erste Mal, dass ihr den Film gesehen habt? Wie war das für euch?
Wir sind noch völlig überwältigt. Ich erinnere mich noch, dass ich die ganze Zeit dachte, es wäre ein Traum und dass ich das nicht wirklich gerade tue. Und jetzt, wo ich den Film sehe, realisiere ich erst, dass ich wirklich da war.
Dadurch, dass wir die Szenen nicht chronologisch gefilmt haben, waren wir auch echt gespannt, wie das am Ende zusammengesetzt wird.

Was hat euch beim Screening überrascht?
Dass auch das deutsche Publikum den Film verstanden hat und sich so damit identifizieren konnte. Ich wusste vorher nicht, ob Deutschland früher auch so katholisch war und hatte gedacht, dass die Zuschauer*innen es vielleicht nicht ganz verstehen.
Während des Screenings hat mir insbesondere die Interaktion mit dem Publikum gut gefallen. Dass sie gelacht haben und dann aber wieder laut „Oh“ gerufen haben.

Noch eine letzte Frage: Seid ihr gerne Mädchen?
Ja!

* Zu der Beantwortung der Frage haben immer mehrere der Mädels beigetragen. Wenn sie alle einer Meinung waren habe ich es der Einfachheit halber zusammengefasst.

Donnerstag, 27.02.2020, Sarah Gosten

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